Mutmachbrief für Eltern und Kinder

Liebe Eltern!

2020 war in jeder Hinsicht ein außergewöhnliches Jahr – Pandemie, Lockdown, leere Straßen und Regale, geschlossene Geschäfte, maskierte Gesichter, fehlende Freizeitmöglichkeiten, geschlossene Schulen und Kindergärten, das Vermissen von Umarmungen. Und dazu Dauerberichterstattung, permanente Sondersendungen im Fernsehen und scheinbar immer neue Hiobsbotschaften.

Aber 2020 war auch das Jahr der Solidarität, die Zeit des spontanen Einkaufens für Menschen aus Risikogruppen, der gegenseitigen Rücksichtnahme, des individuellen Verzichts zum Wohle der Gesellschaft, das Jahr der Freundlichkeit auf Abstand, der mutmachenden lächelnden Augen, die den verdeckten Mund umso strahlender kompensieren, um zu zeigen: Wir halten durch!

Unsere Kinder und wir waren dabei mittendrin: abwartend, neugierig, ängstlich, besorgt, anfangs eher ungewohnt gelangweilt und entschleunigt, dann zunehmend gestresst und beunruhigt, stetig pendelnd zwischen Verzweiflung und Hoffnung, dem Wunsch nach Aufbruch und der Notwendigkeit des Stillstandes. Eltern und Geschwister waren nun AushilfslehrerInnen, HeimarbeiterInnen, VideotelefoniererInnen – immer da, immer unter Dampf, immer im Dienst und ohne zu wissen, wie lange dies noch anhält, geschweige denn, was danach folgt.

Und auch unsere Kinder erlebten eine völlig neue Welt, plötzlich verändert und verwirrend, der Freundeskreis auf Abstand, Schule via Computer, Unterricht per Hausaufgaben, Mama und Papa plötzlich in einer Lehrerfunktion, die Großeltern teils von heute auf morgen unerreichbar und alles permanent im schnellen Wandel. Gewissheiten der Kontinuität, die für die kleinen großen Herzen so wichtig sind, konnte ihnen über Monate niemand mehr geben. Das große Abenteuer Kindheit schrumpfte zusammen auf die Beschränkungen von Abstand und Verantwortung. Viele sind daran gewachsen, doch auch große Helden haben manchmal Situationen der Ängste und Ungewissheiten, der Zweifel und geschluckten Tränen, die nur eine Umarmung lindern kann, für die nicht immer Zeit war.-Unsere Kinder steckten im letzten Jahr unglaublich tapfer zurück.

Der Spagat zwischen Arbeiten zu Hause und gleichzeitig Lehrer und Eltern sein, bringen häufig Konflikte mit sich, die an der Kraft und den Nerven aller zehren. Sich aus dem Weg zu gehen und so Ärger zu vermeiden wird schwieriger, gerade jetzt im Winter. Und nun stecken wir schon mitten in der Weihnachtsenergie und der Jahresendstress……ein erneuter Lockdown steht an…alles bleibt ungewiss und das Hamsterrad scheinen nicht mehr anzuhalten…

Außer wir tun es – JETZT, genau in diesem Augenblick und immer wieder neu. Geben wir uns immer wieder die Erlaubnis innenzuhalten und tief durchzuatmen. Treten wir innerlich ein paar Schritte zurück, bis wir wiedersehen und spüren können, was wir jetzt gerade brauchen, Als Familie, als Eltern, als Ich-Selbst – als Wir-Selbst.

Geben wir uns die Erlaubnis zum Kuscheln und Plätzchenbacken, zum in der Wanne liegen, zum gemeinsamen Spielen. Zum einfach mal Nichtstun und Nichterreichbarsein für Schlagzeilen, Nachrichten und die tausendste Meinung aus dem Internet. Zum einfach da sein für die, die es wirklich verdienen.

Bedenken und danken wir in diesem Moment besonders auch den Eltern, die aus beruflichen Gründen all dies nicht mit ihren Kindern machen können, weil sie unermüdlich im Einsatz sind und einfach nur noch erschöpft und müde.  Die Kinder dieser Eltern befinden sich permanent in der Notbetreuung und müssen tapfer durchhalten und tragen einen großen Anteil.

Danke für Euer Durchhaltevermögen und Euren so vielfältigen Einsatz für und mit Euren Kindern. Was Ihr leistet, ist großartig für unsere Gesellschaft. Wir machen Euch Mut, Euch mit Euren Kindern möglichst täglich schöne Zeiten zu gönnen. Miteinander Spaß zu haben und die ganz normalen Momente des Lebens zu genießen, ist viel wichtiger, als jede schulische Aufgabe bis ins Detail gelöst zu haben. Wenn da etwas liegen bleibt, ist es nicht der Weltuntergang. Aber wenn es in unseren Familien und Beziehungen gelingt, unseren Kindern Liebe, Aufmerksamkeit und Verständnis zu schenken, wenn wir lobend anerkennen, was sie geschafft haben und uns einfach freuen, dass sie da sind, dann geht jeden Tag das Licht des Lebens bei uns auf.

So lasst uns die Kerzen anzünden.

Schenken wir uns Geborgenheit, Ruhe und Zuversicht, wo und wann immer wir sie finden können. Schenken wir uns Nähe und Wärme in der kalten Zeit. Damit helfen wir uns und unseren Kindern, so heil wie möglich durch diese herausfordernde Zeit zu kommen und trotz aller Ängste stetig neue Zuversicht zu fassen.

Lasst uns dabei auch stets denjenigen unermüdlichen HeldInnen danken, die pflegend, lehrend, heilend, tröstend, verkaufend und liefernd diese Zeit für uns und unsere Lieben ermöglichen. Gemeinsam können wir ihnen und uns zeigen, dass unsere Gesellschaft mehr ist als die Summe ihrer Teile, dass wir auch diese Krise überwinden können – mit Abstand solidarisch, vernünftig rücksichtsvoll und voller Bewusstsein, was und wer am Ende wirklich zählt.

Alles Liebe und Gute, bitte passt auf Euch auf und bleibt gesund!

Im Namen der Initiative der Träger der Kinder- und Jugendarbeit Ilmenau und dem Kinder- und Jugendbeirat der Stadt Ilmenau

Am Brief beteiligten sich:

  • Christoph Macholdt (Vorstandsmitglied des Kinder- und Jugendbeirates der Stadt Ilmenau)
  • Claudia Koch (Sprecherin der Landeselternvertretung)
  • Heike Plaschke (Ehrenamtlerin der Ilmenauer Flüchtlingsnetzwerkes)
  • Dirk Hochsprung (Pastor der Evang. Freikirchlichen Gemeinde Ilmenau (Baptisten)
  • Maritta Vierlinger und Doreen Duelli (Projekt „Vier – Vielfalt erleben” ProjektVier@jipi.kjr-ik.de

Notrufnummern:

Und wenn wir aus alleiniger Kraft nicht aus der Überforderung finden und Unterstützung benötigen, hier es gibt es einige hilfreiche Nummern zum Reden und Hilfe finden:

Nummer gegen Kummer 

  • Kindernothilfe (Nummer gegen Kummer für Kinder und Jugendliche): 116 111 (Mo. – Sa. Von 16:00 bis 20:00 Uhr)
  • Gewalt gegen Frauen: 08000 116016
  • Telefonseelsorge: 0800 111 0 111 oder 0800 111 0 222
  • Notdienst Kinderschutz: 030 61 00 66 (jederzeit erreichbar)

Eine Anregung von Pastor Dirk Hochsprung: Nehmt Euch Zeit, einander zu fragen und auszutauschen, wie es Euch gerade geht. Falls es für Euch eine Option ist, wendet Euch auch an Gott, den Vater von Jesus Christus. Menschen, die IHN kennen, erleben, dass ER gern jedem Kraft, Trost, Ausdauer, gute Ideen und Halt gerade in herausforderungsvollen Zeiten spendet.

Mehr Infos bei Pastor Dirk Hochsprung Tel. 03677 469 306 / 0177 55 87 160 E-Mail: Pastor@baptisten-ilmenau.de

Flüchtlingsnetzwerk Ilmenau: refugees@iswi.org  +49 152 059 02 113